Die Bildrechtsverletzung
Leider ist es nach wie vor so, dass sich viele Fotografen einer unlizenzierten Nutzung ihrer Werke ausgesetzt sehen. Wie man eine aufgefundene Rechtsverletzung dokumentieren sollte, um im Zweifel vor Gericht keinen Schiffbruch zu erleiden, möchten wir im folgenden Übersichtsartikel zusammenfassen.
1. Rechtsverletzung gefunden – was nun?
Die Wege, auf denen Fotografen auf Rechtsverletzungen aufmerksam werden, sind unserer Erfahrung nach ganz unterschiedlich und reichen von „Zufallsfund“, über „Recherchedienstleister“ bis hin zu „Aufmerksam machen durch Bekannte“. Ganz gleich, auf welchem Wege die Rechtsverletzung gefunden wird, es stellt sich immer gleich am Anfang die Herausforderung, die Bildnutzung umfassend und gerichtsverwertbar zu dokumentieren.
Denn klar ist auch: Wird die Rechtsverletzung erst einmal verfolgt – sei es durch ein Nachlizenzierungsangebot oder eine anwaltliche Abmahnung -, so wird das Foto in aller Regel kurzfristig entfernt und es werden teilweise die haarsträubendsten Argumente hervorgebracht, warum keine Rechtsverletzung vorliegen soll. Möchte man diesen Argumenten dann jedoch entgegen treten, so ist es notwendig, bereits ganz zu Anfang umfassend die Rechtsverletzung zu dokumentieren.
2. Wie sollte eine Dokumentation aussehen?
Stellt sich nunmehr die Frage, wie solch eine Dokumentation einer Bildrechtsverletzung aussehen sollte. Standardmäßig wurde die Rechtsverletzung früher gesichert, indem Screenshots der Nutzung gemacht wurden und das Impressum gesichert wurde. Häufig sind aber gerade Screenshots aufgrund ihrer Manipulierbarkeit Angriffen von gegnerischen Anwälten ausgesetzt, sodass letztlich auch das Landgericht Hamburg entschieden hat (Urteil vom 14.03.2008, Az. 308 O 76/07), dass die isolierte Verwendung von Screenshots kein ausreichendes Beweismittel zum Nachweis einer Urheberrechtsverletzung ist.
Ganz abgesehen davon läuft der Fotograf Gefahr, sich seiner eigenen Ansprüche zu beschneiden – man stelle sich die folgende Situation einmal vor:
Der Rechtsverletzer behauptet, eine geschuldete Urhebernennung wurde – wie bspw. in den AGB von Stockplattformen durchaus üblich – eindeutig zuordenbar am Seitenende, jedoch außerhalb des sichtbaren Bereiches im Screenshot vorgenommen. Überdies würde die Urheberbenennung auch als Mouseover vorgenommen (Anmerkung: Was die Rechtsverletzung nicht ausräumt, jedoch den zu zahlenden Schadensersatzbetrag reduziert, vgl. Urteil AG Düsseldorf vom 03.09.2014, Az. 57 C 5593/14). Ist es nun so, dass auch die Wayback Machine keinerlei Nachprüfungsmöglichkeiten mehr bietet, weil die Webseite dort entfernt oder nie indexiert wurde, landet man in einem wahren Beweisproblem!
Aus diesem Grund möchten wir nachfolgend einmal kurz beschreiben, welche Elemente eine gerichtsverwertbare Dokumentation aufweisen sollte – die folgenden Ausführungen beziehen sich dabei auf „Erstverletzer“, auf die Thematik der Verwirkung von Vertragsstrafen kommen wir später gesondert zurück.
3. Checkliste für das Anfertigen einer Dokumentation einer Bildrechtsverletzung
- Zeuge vorhanden bei der Dokumentation?
- Screenshot der Verletzerseite gemacht?
- PDF-Ausdruck der Verletzerseite gemacht?
- Fullscreenshot der Verletzerseite gemacht?
- Abrufbarkeit der Verletzerseite über Google dokumentiert?
- Bildgröße ermittelt?
- PDF-Ausdruck vom Impressum gemacht?
- Robots.txt gecheckt und gesichert?
- WHOIS-Auszug gezogen und als PDF abgespeichert?
- Serverpfad gesichert?
- Nutzungsdauer ermittelt durch Waybackmachine und Last-Modified-Date?
4. Die einzelnen Elemente einer gerichtsverwertbaren Dokumentation
a) Screenshot von der Verletzerseite
Für den Einstieg der Sicherung bietet es sich – trotz Vorgesagtem – immer an, zunächst einen Screenshot der Bildverwendung zu machen. Dies verschafft einem Richter in einem möglichen Gerichtsverfahren immer einen guten Überblick, um was es zunächst überhaupt geht.
Der Screenshot sollte derart angefertigt sein, dass man am unteren Ende der Aufnahme noch die Icon-Leiste des eigenen PCs mitsamt des aktuellen Datums und der aktuellen Uhrzeit sieht.
b) PDF-Ausdruck der Verletzerseite
Weiterhin sollte die konkrete Webseite, auf der die Bildnutzung erfolgt ist, einmal als PDF-Dokument abgespeichert werden. So kann dem etwaigen Scheinargument entgegen getreten werden, eine Urhebernennung sei beispielhaft am Ende der Webseite erfolgt.
Zudem bietet ein PDF-Ausdruck der Verletzerseite die Möglichkeit, die Bildnutzung in seinem ganzen Kontext erfassen zu können. Dies ist dann wichtig, wenn es beispielsweise um die Frage geht, ob bei der Bildverwendung eine redaktionelle oder kommerzielle Nutzung vorlag, da die Grenzen hier nicht immer trennscharf sind und es häufig auf den konkreten Einzelfall ankommt.
c) Fullscreen der Verletzerseite
Auch sollte die Verletzerseite einmal als Fullscreen gesichert werden, sprich es wird ein Screenshot der gesamten Internetseite vorgenommen. Hierzu gibt es im Internet Programme wie beispielsweise FireShot, derer man sich bedienen kann.
d) Sicherung vom Quelltext
Zu jeder Rechtsverletzung sollte auch immer der Quelltext der Internetseite gesichert werden, auf der die Bildverwendung stattgefunden hat. Dies bietet im Nachhinein gesehen die Möglichkeit, das Argument der Gegenseite zu überprüfen, dass beispielsweise eine Urhebernennung schadensersatzmindernd als Mouse-Over erfolgt ist.
Auch kann eine Sicherung vom Quelltext hilfreich sein, um zu überprüfen, inwieweit der Zugriff von Suchmaschinen auf die konkrete Webseite beschränkt worden ist. Diese erleichtert die Argumentation ungemein, wenn die Gegenseite später ausführt, es handele sich lediglich um eine Testseite, die ohne Einsatz von Suchsoftware nicht öffentlich zugänglich sei.
e) Screenshot der Abrufbarkeit der Webseite über Google
Zudem sollte gesichert werden, dass die Webseite auch bei Google indexiert ist. Formal gesehen ist dies nicht notwendig, es erleichtert die Argumentation in Bezug auf die öffentliche Zugänglichmachung eines Lichtbildes aber ungemein, wenn man solch einen Beweis vorlegen kann.
Die Abrufbarkeit der konkreten Webseite über Google lässt sich ganz einfach herausfinden, indem man in die Google-Suchmaske eintippt:
site:[URL zur Verletzerseite]
f) Bildgröße ermitteln
Die Ermittlung der Bildgröße der Verwendung ist jetzt nicht zwangsläufig entscheidend für den Nachweis der Rechtsverletzung, kann aber helfen, die Höhe vom Schadensersatz richtig festzulegen. Gerade bei Anwendbarkeit der MFM-Honorartabellen ist hier zu beachten, dass bei sehr kleinformatigen Fotos ein Abschlag auf die Konditionen vorzunehmen ist.
Die Bildgröße lässt sich – zumindest im Browser Google Chrome – durch einen Rechtsklick auf das Bild ermitteln. In dem sich dann öffnenden Kontextmenü ist der Punkt „Untersuchen“ auszuwählen.
g) PDF-Ausdruck vom Impressum
Die Sicherung des Impressums via PDF-Ausdruck ist eines der am häufigsten benötigten Dokumente und essentiell bei jeder Rechtsverletzung, um nachzuweisen, dass man den richtigen Täter in Anspruch genommen hat.
h) Sicherung der Robots.txt
Auch das Vorhandensein / Nichtvorhandensein der robots.txt sollte im Zuge einer gerichtsverwertbaren Dokumentation durch einen PDF-Ausdruck festgehalten werden. So lässt sich nachträglich überprüfen, ob beispielsweise Suchmaschinen zur Indexierung ausgesperrt worden sind.
Die Robots.txt erreicht man standardmäßig unter folgender Domain:
[Domainname mit Domainendung]/robots.txt
i) PDF-Ausdruck der WHOIS-Daten
Neben dem Impressum sollten auch die WHOIS-Daten dringend gesichert werden. Manchmal ist es nämlich so, dass auf der Internetseite selbst ein anderer Betreiber als der Domaininhaber angegeben ist. Hier kann dann geprüft werden, gegen wer in Anspruch genommen werden soll.
j) Speichern des Serverpfades
Auch sollte der Serverpfad des Lichtbildes aus zweierlei Aspekten gespeichert werden: Zunächst einmal ist dies wichtig, um nachzuweisen, dass das rechtsverletzende Bild tatsächlich auf dem Server vom Webseitenbetreiber liegt und kein Fall des Hotlinking vorliegt.
Überdies kann bei einem späteren Vertragsstrafenmonitoring der Link von Vorteil sein, um zu überprüfen, inwieweit das Lichtbild auch vom Server gelöscht worden ist.
k) Ermittlung der Nutzungsdauer
Zu guter Letzt sollte im eigenen Interesse auch immer ermittelt werden, wie lange das Bild schon verwendet worden ist. Hierfür sollte nach der Verwendung in der Waybackmachine geschaut werden und das Last-Modified-Datum des Servers ermittelt werden. Zu den Details verlinken wir gerne den Artikel von Sebastian Deubelli – How to: Nutzungsdauer von Bildern auf Websites bestimmen
Sämtliche Ergebnisse sollten selbstverständlich auch wieder als Screenshot bzw. PDF-Ausdruck festgehalten werden.
5. Zeuge, Zeuge, Zeuge!
Ganz wichtig ist es, die einzelnen Elemente der Dokumentation nicht selbst anzufertigen bzw. jedenfalls in diesem Fall dann eine weitere (möglichst neutrale) Person als Zeugen anbieten zu können, der bestätigen kann, dass die Inhalte wirklich so auf der Webseite vorhanden waren, wie sie dann in einem etwaigen späteren Verfahren als Dokumentation vorgelegt worden sind.
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Urheber Beitragsbild/Teaser: arfo / 123RF Lizenzfreie Bilder
One Comment
Martin Löhnertz
Hätte ein Screenshot, der signiert über einen Remote-Controlled-Browser gemacht wird, z.B. mit icanprove.com einen besseren Beweiswert?